Die Kolumnen vom März 2011

MITTWOCH ABEND, 2. MÄRZ 11  

 

Luxus und Luxus

 

sind zwei paar Dinge. Das ist mir doch wieder klar geworden, als ich in einem kleinen Winter-Abkürz-Urlaub im reichen Emirat Dubai reichlich die Sonne genossen habe.

 

Shoppingcenter mit endlosen Goldketten die vermutlich 2 mal um die Erde gewickelt werden könnten, Armbänder, die für 2 Meter 40 lange Arme reichen würden und Colliers, für die man 3 Hälse bräuchte. Straßen voller Geländewägen, die ab 70.000 Euro aufwärts zu haben sind, protzige Bauten, die mit Blattgold verziert sind, Schaufensterauslagen die überquellen vor lauter Edelsteinen und teuren, völlig überflüssigen Accecoires.

Dann die Luxushotels, die 5, 6 oder sogar 7 Sterne besitzen und vor derem Entree eine ganze Armada von Rolls Royce, Bentley und Aston Martins stehen und zu guter Letzt, Maybach Landaulet im obligatorischen unschuldigen Dubaiweiß. Preis 1 Million Euro.

 

Luxus pur, alles glänzt, alles scheint schön zu sein. Wenn man mal hinter die Fassade blickt, sieht man welch ungeheuren Schuldenberge da aufgetürmt sind. Nicht alle Geländewagenfreaks haben ihren Benzinschlucker bar bezahlt. Nicht alle Hotels befinden sich schon oberhalb der Break-Even Phase oder im Gewinnbereich. DAS Hotel Burj Arab soll sich angeblich erst in 50 Jahren mal amortisiert haben.

 

Wie sagte mein Dubaiischer Freund so schön: Shiny shines. Stimmt sag ich da. Schön anzukucken, das Auge erfreuend, aber was steckt dahinter. Arbeit, um das schöne Shiny abzuzahlen.

 

Nee nee, da denkt man(n) nach und kommt schnell auf den Trichter: Wahrer Luxus ist, sich an einem Wochentag mal ein gutes Steak leisten zu können. Zeit zu haben oder zu finden, um sich auf eine Parkbank zu setzen und dem Treiben der Dinge zuschauen zu können, ohne den Druck im Hinterkopf zu haben - Ich muss das und das und jenes noch erledigen. Luxus ist, sich ein Nachmittagsschläfchen leisten zu können. Luxus ist, seine Zeit mit schönen Dingen zu füllen, raus zu gehen, Freunde zu treffen, sie von Angesicht zu Angesicht zu erleben, mit Ihnen zu sprechen, auszutauschen, einen Dialog und keinen Monolog zu führen, und dann zu merken, dass all die Dinge wie Chat-rooms oder Fernsehen nicht das wahre Leben ersetzen können, so sehr wir auch daran arbeiten.

Mittlerweile müsstest auch Du gemerkt haben, wie sehr der Spruch: "Zeit ist Luxus" Gewicht hat.

 

Wichtig dabei ist, mit dem Luxusgut Zeit auch richtig umzugehen. Sie nicht einfach so zu vergeuden, das ist zu schade, denn all unser Leben hier ist End - lich, d.h. nur begrenzt. Darüber sollten wir hie und da auch mal wieder einen Gedanken verschwenden. Zu schnell kann unser Ticket ungültig werden, das Haltbarkeitsdatum abgelaufen sein, ohne dass wir auf den Hinweis geachtet haben und ehe wir uns es versehen, wohnen wir zwei Meter tiefer und liegen mit den Regenwürmern in Augenhöhe. Dann ist es vorbei mit dem Luxus, mit Zeit ohne Ende und mit dem oftmals so lapidar dahergesagten Satz: 'Das mach ich wenn ich Zeit habe'. Also: Geh bewußt mit dem kostbaren Luxusgut Zeit um. Denn darauf gibts keine Zinsen.

 

In diesem Sinne wünsch ich noch: eine wunderbare Zeit!

 

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Kommentare: 4
  • #1

    Gabriele McGowan (Mittwoch, 02 März 2011 18:31)

    This is a great reminder to enjoy life because at the end we are not going to regret what we did but what we didn't do. Thanks Franz.

  • #2

    Peter aus WOR (Mittwoch, 02 März 2011 23:16)

    Natürlich hast Du mal wieder recht, wie so oft.

    Und die Fangemeinde ist jetzt schon international geworden.
    Nur schade, daß das mit unserer billigen Ölquelle nicht geklappt hat.
    Gruß Peter

  • #3

    Till (Donnerstag, 03 März 2011 22:38)

    .......sehr gut.... die letzten zwei Absätze sind nur noch perfekt!!!!!
    Hast du mal wieder gut gemacht.....

    Liebe Grüße
    Till

  • #4

    Franz (Freitag, 04 März 2011 09:12)

    Solltest auch Du jetzt gemerkt haben, dass wahrer Luxus nicht "Haben" heißt, sondern "Leben"! Würd mich freuen!

MITTWOCH ABEND, 09. MÄRZ 2011

 

Benzin und Gipfel

 

Gestern war der Benzingipfel in Berlin. Was die hohen Herren und Damen da wirklich besprochen haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Jedenfalls glaube ich keinem von denen. Die Medien erzählen uns einen Tag, wie gut und schön der neue Kraftstoff Superbenzin E10 doch für uns und unsere 4-Rädrigen Begleiter ist. Wie ach so toll doch der Treibstoff für unsere Umwelt ist und wie gut er für unser Klima ist.

 

Anderntags geistern dann wieder Meldungen durch die Presse, dass der Kraftstoff einen höheren Wasseranteil im Öl verursacht, einen höheren Verbrauch hervorruft und wenn man(n) nicht aufpasst und den Ölstand öfters kontrolliert, dann irgendwann eventuell ohne Auto dasteht, weil der Motor schlicht und ergreifend hin ist, womöglich an Alkoholvergiftung mit vorausgegangener Leberzirrhose gestorben. Grausames Ende.

 

Aber wie jetzt? Was jetzt? Umweltminister Röttgen beharrt steif und fest darauf, dass sein Schnaps, oh verzeihung, sein Treibstoff weiterhin verkauft und irgendwann mal etabliert wird/ist/sein muss. Wieso kauft er sich nicht jeden Tag ein Flascherl und trinkt es zum abendlichen Käseaufschnitt? Morgens könnt er sich ja damit die Zähne putzen und vielleicht 20 Tröpferl hinters Ohr tupfen. Seine Sekretärin wird sicherlich darauf hin Gas geben und voll auf ihn abfahren, wenns ihr vorher nicht die Zündkerzen durchbrennt.

 

Überhaupt: Man sollte vielleicht die Bundeswehr, die es ja bald nicht mehr geben wird, damit verköstigen - äh - ausstatten, wollte ich sagen. Wenn die Marder, Spähwagen und Kampfkutschen im fernen Afghanistan damit fahren würden und eventunell in einem Tunnel stehenbleiben sollten, weils die Ölwanne zerrissen hat, oder die Kolben rauchen, hätte sich der Afghanistaneinsatz dann vermutlich eh damit erledigt.

 

Stell Dir vor, Angies Kutsche würde damit fahren! Ich hoffe, Sie hat keinen FSI. Wenn ihr Dienstwagerl dann am Brandenburger Tor plötzlich rumstottert und dann graaaad noch bis zum Alexanderplatz tuckelt, was macht die Gudste dann? Ihren Gutti anrufen und um Hilfe schreien? Oder denkt der Chauffeur vorher noch drüber nach, ob irgendwelche Wageninsassen vielleicht aufs abendliche Dinee mit dem Deutschenbankchef verzichten sollten. Vielleicht?!

 

Ich weiß jedenfalls nicht, was ich von dem Zeug halten soll. Welchen Sinn hat diese Schnapsidee? Müssen wirklich die Agrarflächen dafür auf unermessliche Größen ausgebaut werden, damit wir tanken können? Ich will mir gar nicht vorstellen, dass in fernen Ländern Zuckerrohrplantagen dafür gerodet werden, auf denen die Arbeiter 10 Euro am Tag bekommen, nur damit wir dieses seltsam anmutende Biozeug tanken können?

 

Solange da keine klare Ansage, respektive Aufklärung seitens der Automobilindustrie und vor allem der unabhängigen Forscherteams auf dem Markt ist, trink weder ich noch mein Blacky das Zeugs. Irgendwann wird vielleicht der Bioethanolanteil auf 30 % erhöht, dann können wir unseren Schnaps auch direkt am Zapfhahn abfüllen.

 

Eigentlich gar keine so blöde Idee, denn die Freunde des guten Tropfens spekulieren ja vielleicht schon mit dem Gedanken: Für 1 Euro 60 einen Liter guten Schnaps, wo gibts das schon? Nicht mal bei Feinkost Äldi!!!

 

Prost Europa!!! Ich glaub, du hast ein Alkoholproblem. Wäre ich dein Arzt, würde ich Dir eine Bioethanol-Entziehungskur ans Herz legen, wäre ich Politiker, würd ich Dir noch eine Flasche schenken und wäre ich Zyniker, würde ich sagen: Sauf dich ins Koma, denn besoffen bist Du nicht zu ertragen.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Peter aus WOR (Donnerstag, 10 März 2011 01:04)

    Kindchen, hast es nicht ganz verstanden.

    Der Benzingifel wurde vom Wirtschaftsminister einberufen nicht vom Umweltminster. Es geht wie meist um die Wirtschaft nicht um die Umwelt.
    Das E 10 sollen wir tanken, damit unsere neuen deutschen Autos im Schnitt nach DIN irgendwas 130 g CO2 und nicht bloß 120 g CO2 hinauspusten dürfen. Wir rechnen das gegen, sagt Angie. Wieviel stößt dein blacky?
    Hat Angie eigentlich schon Stellung bezogen wg E 10 ???
    Natürlich nicht. Sie wartet ab....
    Und der Benzinpreis steigt auch nicht, weil in Libyen eine Quelle ausgefallen ist, sondern weil man meint auch noch etwas mehr verlangen zu können. Die Frage ist ja nicht, was ist das Produkt wert, sondern wieviel bekommt man dafür.

    Ach, was könnt ich mich wieder aufregen !!!!!!!!!

MITTWOCH ABEND, 16. MÄRZ 11  

 

Sind wir alle Zombies geworden?

 

Ich kann diese Frage nicht beantworten. Aber mir fällt auf, ich seh immer mehr Alltags-Zombies, die in ihrem eigenen geistig umnachteten Käfigen gehalten, ausgesaugt und vermutlich dann auch mal geschlachtet werden.

 

Oh, ich nehme mich da nicht aus. Ich gehör oftmals ja auch zu den sogenannten Hamsterläufern, vom Alltag gehirngewaschen schön artig auf eine äußere Stimulation konditioniert. Oder aber auch von Kinderbeinen dazu erzogen worden....

 

Und heute? Irgend so eine obrigkeitliche Instanz regelt unsere Existenz. Man stellt uns eine Arbeitssituation zur Verfügung, unseren "Legehennenplatz". Um diese Unnatürlichkeit zu kompensieren, gibt man uns Zucker für den Rest der Tageszeit, die sog. Freizeit. Die wird dann mit bestmöglicher Unterhaltung ausgefüllt um uns abzulenken.

 

Die ganze Konstellation des passiven Hinnehmens spiegelt sich - oh siehe da - auch in den Unterhaltungsritualen den jetzigen Mediengesellschaft wieder: Da gibts nen Showmaster, der Gäste einlädt. Unsichtbar im Hintergrund läuft ne Regie, die alles vorgeplant hat - auch die Formulierungen der Gespräche. Musik wird eingespielt und das Publikum sitzt passiv da und reagiert auf jede Einzelheit mehr oder minder amüsiert. Auf der Bühne gibts dann auch noch ein bisserl Gesinge oder Gerede und dann gibts noch einen Live-act, damit das Auge in Bewegung bleibt.

 

Die Zuschauer identifizieren sich ja mit den Akteuren. Sie bilden sich teilweise sogar ein, dass sie selbst dabei sind - mittendrin statt nur dabei, sozusagen. Wozu also noch was selber machen? Es ist ja alles viel actionreicher, schöner, bunter und lustiger als im eigenen Leben und vor allem: Viel risikoloser!

 

Die Wahrheit aber ist: Sie erleben nix. Sie sind im Tiefschlaf. Das Auge erlebt es, die Ohren auch, aber das Hirn? Sie merken nicht, dass sie mehrere Stunden auf ein und demselben Stuhl sitzen, der Hintern immer heißer wird und die Vitalfunktionen des Körpers immer mehr abnehmen. Sie werden leergesaugt, sind hypnotisiert und vegetieren in einer künstlich vorgegaukelten Traumwelt. Sie haben ihre Seele verkauft.

 

Diejenigen auf der Bühne interessieren sich einen Kehricht für sie. Sie sind diejenigen, die alle Vergünstigungen selber einstreichen. Geld, Berühmtheit, Lebendigkeit, Zuneigung und prickelnde Erotik. Ihre Wachheit, ihre Energie und ihre Vitalität beziehen sie von den anderen, von den dumpfen blöden Zombies, die ihnen das alles kostenlos überlassen, weil sie die Zeitungen kaufen, in denen sie abgebildet sind, die CD's auf denen sie singen, die T-Shirts, die sie produzieren lassen und das Parfüm, das "sie" entworfen haben.

 

Das gleiche läuft in der Politik ab. Die Fadenzieher stellen die Bühne bereit. Das Publikum bildet sich "Ansichten". Kriterium: Eigene Bequemlichkeit, Unterhaltungsfaktor und weiterer Privatnutzen. Auch hier wird immer nur reagiert.

Eingreifen? Nee, das geht schon lange nicht mehr. Denn hier bekommen die Akteure von den Zombies kostenlos: Macht, Berühmtheit, Reichtum, Einfluß, Prestige und ebenfalls: das Geld der anderen. Es klappt also auch hier perfekt mit der Käfighaltung der Masse. So gut wie noch nie in der Evolutionsgeschichte.

 

Denn: Der Käfig ist ein geistiger. Man erspart sich sogar das Bauen von Zäunen. Die würden eh nur misstrauisch machen und auf falsche Gedanken bringen. Die Käfigwände bestehen aus den Gedanken, die der Masse kontinuierlich einsuggeriert werden. Subtil und permanent. Immer und immer wieder werden die Grundideen, Vorstellungen und Vorurteile wiederholt. Solange, bis es klappt.

 

Noch nie zuvor hat es so eine feinsinnige, hartnäckige Form der Versklavung geben. Die Sklaven brauchen nur genügend bequem zu sein und ihre Furcht vor geistiger Selbständigkeit und Freiheit genügend groß sein. Dann bleiben die Sklaven / Zombies sogar freiwillig in ihrem Käfig...

 

Ich weiß, das klingt nach starkem Tobak, oder? Aber denk einfach mal drüber nach und schau Dir das Video dazu an, dann sag mir, was Du denkst. Danke.


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Kommentare: 3
  • #1

    Doris (Mittwoch, 16 März 2011 19:27)

    Lieber Franz, Du batest um Mitteilung von LeserInnenmeinungen, hier hast Du meine, die natürlich nicht den Anspruch auf Vollständigkeit und Endgültigkeit erhebt.

    Zu dem Thema sag ich nur: That's why I don't watch TV. - Ich bekomme bei der Äußerung, nicht fernzusehen gelegentlich mal den leicht abfällig gemeinten Spruch zu hören, das sei ja in einer bestimmten 'Schicht' gerade schick oder in oder hipp, was auch immer. Klar, zu kokettieren macht auch Spaß, aber der Hintergrund ist ernster. Ich mag z.B. das Gefühl nicht, sinnlos zu konsumieren, ferngesteuert zu werden, Zeit zu vergeuden. Ich will mich nicht ständig oberflächlicher Unterhaltung oder mit schlechten Nachrichten 'bombardieren' lassen, die mir die meist gute Laune verderben und bei denen ich oft gar nicht einschätzen kann, welchem eigentlichen Zweck sie eigentlich dienen: vielleicht wollen Politiker samt der Kapitalisten im Hintergrund ja, daß ich in eine Angstarre falle und dann einfach die Klappe halte und brav konsumiere, anstatt aufzubegehren und womöglich Widerstand zu leisten? Ein Volk, das Angst vor allem Möglichen hat, dabei aber nicht zum Selber-Denken kommt, ist halt leichter abzulenken und zu führen. Meine Devise: keine Nachrichten zum Frühstück und vorm Schlafengehen. Never! Es träumt sich schöner. Ich lese vorzugsweise Blogs und Zeitungen (papierne wie digitale) aller Art, da entscheide wenigstens ich selbst, welchen Grad an Grauen ich mir jeweils zumuten möchte. Ich kann es in dem mir gemäßen Tempo tun und mir die Zeit nehmen, mitzudenken - wenn ich denn will. Wer schaltet schon die Nachrichten weg, wenn es ihm/ihr zuviel wird? Merken wir uns eigentlich die Einzelheiten und Hintergründe all der unzähligen schlechten Nachrichten? Oder bleibt da nicht einfach nur ein diffuses Unwohlsein, das dann mit "Wetten daß?" oder "DSDS" übertönt wird? Da geh ich doch lieber vor die Tür und mach selber was. Der alltäglichen Gehirnwäsche kann wahrscheinlich niemand ganz ausweichen, aber ich kann sie mir immer wieder bewußt machen.

    Den Anspruch des Studenten, "die Wahrheit" finden zu wollen, finde ich ja eher niedlich. Aber mit Anfang Zwanzig habe ich das wohl auch so formuliert. Die Frage ist für mich inzwischen vielmehr, wie ich, auch innerhalb dieser Gesellschaft, ein im philosophischen Sinne 'richtiges' oder 'gutes' Leben führen kann. Wie wachsam und aufrichtig bin ich? Welche Energien setzte ich mit meinem Denken und Handeln frei? Wo sind meine persönlichen Grenzen? Da gibt es einen ganzen Rattenschwanz an Fragen, und das Schöne ist: sie können immer wieder neu beantwortet werden. :-)

  • #2

    Peter aus WOR (Donnerstag, 17 März 2011 01:04)

    Ja, Franzl, ich sehe Du hast zur Zeit viel Zeit um dich mit sehr grundsätzlichen Dingen herumzuschlagen...

    Wichtig:
    Was sagt uns diese Person / dieser Politiker.
    Wichtiger:
    Warum sagt er uns das. Was ist sein Motiv.

    Ja, die Welt wird immer schlechter. Siehe unsere Politiker zur Frage der Kernkraft angesichts der Super-Super-Katastrophe in Japan.

    Wir sollten mal wieder einen Weisswerschtgipfel einberufen und auf alle und jeden schimpfen....
    Kalte Werscht natürlich, Strom ist derzeit out.

  • #3

    Doris (Freitag, 18 März 2011 18:15)

    Au ja, Weißwurschtgipfel. Schon Immanuel Kant fand Tischgespräche wichtig, weil den Geist anregend. Kann ich mich irgenwo anmelden? ;-) Aber dann vielleicht nicht, um zu schimpfen, sondern um neue Ideen und Vorstellungen zu entwicklen, weiterzuspinnen am Netz der Welt, freunlichere Bilder zu entwerfen, statt die zu konsumieren, die uns derzeit präsentiert werden.
    Die Welt wird schlechter? Ich weiß nicht. Wir sehen keinen Ausweg? Doch, vielleicht suchen wir uns andere Ziele:

    "Gegen etwas opponieren, bedgeht das soeutet, es zu erhalten. Man sagt hier: "Alle Wege führen nach Mishnory". Doch wenn man Mishnory den Rücken kehrt und es verlässt, ist man ganz eindeutig immer noch auf dem Weg nach Mishnory. Gegen Vulgarität opponieren bedeutet unvermeidlich, selbst vulgär zu sein. Nein, man muss woanders hingehen; man muss sich ein anderes Ziel setzen. Dann beschreitet man einen anderen Weg. (Ursula K. Le Guin: Winterplanet)" (Quelle: http://www.antjeschrupp.de/zitatenschatz.htm)

MITTWOCH ABEND, 23. MÄRZ 2011

 

Die unverdünnte Hölle

 

Fukushima! Erdbeben! Tsunami! Super Gau! Libyen! Vorhof zu Hölle? Nein, die unverdünnte Hölle, der Untergang, der Weltuntergang. Ist Dir auch schon aufgefallen, dass die Schlagzeilen der Blöd-Zeitung noch nie größer waren? Was ist los mit unserer Welt? Normalerweise spüren die Tiere als erstes, wenn Katastrophen passieren, aber die letzten Wochen spürten die Zeitungen zuerst, dass ein Super-Gau passieren wird!

 

Das hat nix mehr mit Berichterstattung zu tun, das ist fahrlässige Panikmache!

 

Die einzigen, die leise davor warnen könnten, dass etwas großes passiert, wären viel-

leicht die Hunde, Elefanten und Affen gewesen, wegen des 7. Sinns. Letzte Woche dürfte wohl in die Angstgeschichte der Menschen eingehen. Viele viele Menschen haben sich besorgt gefragt, ob die Welt nächste Woche noch existieren wird, oder der 21.12.2012 vorgezogen wird und wir alle untergehen.

 

Oder lassen sich die Menschlein einfach von der Angstindustrie zu sehr anstecken. In subtiler aber hartnäckiger Form wurden uns die Thermostate und Temperaturen eines Atomkraftwerkes mitgeteilt. Was machen wir damit? Fragen stellen, wenn wir im paralysierten Zustand überhaupt dazu fähig sind. Plötzlich gibt es eine Unzahl von Experten, die genau wissen, was jetzt passiert, vielleicht....

 

Was sollen wir jetzt mit den unglaublich schrecklichen Nachrichten aus Japan anfangen? Sind die überhaupt alle wahrheitsgetreu? Wir wissen es nicht. Wir können die Schlagzeilen nur Lesen, nicht mal im Ansatz verstehen und müssen dann damit umzugehen lernen. Wo bleiben die Berichte der Menschen, die Hilfe benötigen? Verschüttet. Die Atombedrohung ist wichtiger. Und logistische Denkansätze, wie man 35 Millionen Menschen evakuieren könnte, ist einfach eine immense Herausforderung, wobei so etwas niemals klappen würde. 1 Million, ok, machbar, 2 vielleicht auch noch, aber das 17 fache?

 

Was lernen wir daraus? Wir hätten schon lange den Bau der Atomkraftwerke stoppen sollen und auf alternative Energiequellen umsteigen. Solar, Wind, Wasser. Wieso lernen wir von den Vögeln, wie Flugzeuge fliegen, aber nicht aus dem Meer, wie Energien uns Strom liefern könnten?

 

Die Hysterie, die im Augenblick mittels Live-Ticker und zahlloser Sondersendungen verbreitet wird, lenkt ab vom anderen furchtbaren Schrecken in der Welt. Während Du diesen Artikel liest, sind schon wieder etwa 20 Kinder an Hunger gestorben. Das muss nicht nötig sein, aber wen interessiert das schon.

 

Stattdessen schaut die Menschheit gebannt auf einen Reaktor in Japan, dessen Versagen tatsächlich einen unfaßbaren - nicht abzuschätzenden Schaden anrichten wird. Das soll nicht heißen, dass wir nicht daran denken sollen. Oh doch, beileibe sollen wir. Aber auch daran, was wir nicht sofort und unmittelbar auf dem Präsentierteller zwischen Marmeladensemmel und Wurstbrot serviert bekommen.

Dass im Irak durch radioaktive Munition ganze Gebiete und Menschen verstrahlt wurden, wird nirgendwo erwähnt.  Das Golfkriegssyndrom ist ein Begriff, aber der Hintergrund wird nicht durchleuchtet. Durch Uranstaub werden ganze Landstriche verseucht, Neugeborene haben schreckliche Mißbildungen. Wo das dokumentiert wird? Vielleicht in alternativen Nachrichtenquellen, aber wer kennt die schon.

 

Dass in Afrika immer noch Menschen nicht wissen, wovon sie morgen leben sollen ist halt keine Story für eine Sondersendung. Dass in Amerika mittlerweile 44 Millionen Menschen von Lebensmittelmarken leben, wird lieber nicht erzählt, könnte ja Aufruhr geben. Dass der Irre in Libyen mit dem Abschuß von Ferienfliegern droht, erzeugt mehr Angst und gibt bessere Einschaltquoten.

 

Es ist eine grausame Welt, bemühen wir uns und fangen da an, wo es am wichtigsten zu sein scheint. Bei uns, in unserer unmittelbaren Nähe und Umgebung. Streiten wir ein bißchen weniger, Lachen lieber wir ein bißchen mehr. Ärgern wir uns ein bißchen weniger, amüsieren wir uns lieber ein bißchen mehr. Denn eines dürfen wir nicht vergessen, jede Minute, die wir streiten, uns ärgern oder weinen, geht vom Zeitkonto unseres Lebens weg. Und zwar unersetzlich!

 

Also. Keine Macht der Angstindustrie, mehr Macht unserer Lebensfreude.

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Heiner (Mittwoch, 23 März 2011 19:38)

    Lieber Franz,

    mit dieser Kolumne hast du mal wieder den Nagel auf den Kopf getroffen - verkehrte Welt.... .

    Liebe Grüße aus Peißenberg
    Heiner

  • #2

    Peter Ley (Mittwoch, 23 März 2011 23:38)

    Danke Franz, Du sprichst mir aus dem Herzen. Deine Zeilen sollten viel mehr Leute lesen und wirklich in sich aufnehmen.
    Lieben Gruß
    Peter

MITTWOCH ABEND, 30. MÄRZ 2011

 

Haste mal 'n Euro?

 

Nein, ich reg mich nicht mehr auf. Wobei ich zu wissen glaube, dass das alles nicht von heute auf morgen passiert ist. Ich denk eher daran, dass das alles ein langsam schleichender Prozess war. Ich hab letzte Woche morgens den Radio angemacht und gehört, dass der Bundesbankpräsident 338 Milliarden Euro verschusselt haben soll.

 

Und? Was solls. Sorry, wenn ich jetzt den Anschein eines "Egalisten" hervorrufen sollte, aber:

A.) Es sind nicht meine 338 Milliarden Euro und

B.) Die Bank hats ja und

C.) Wenn's die Bank nicht hat, soll sie es drucken.

 

Jaaa, ich weiß schon, der Gedanke "Es ist Geld des Staates und ergo Deines" kommt dann vielleicht von irgendeiner Seite. Mensch, bleiben wir doch mal bei den Tatsachen. Es ist NICHT meines. Wenn ich irgendwo 338 Milliarden Euro hätte, müsste ich das wissen. Zudem das ja ein nicht unerhebliches Geldscheinvolumen ist. Soooo viel Geld braucht Platz. In meiner 2 Zimmer Wohung weiß ich, wo was liegt. Naja, zumindest im Groben. Aber eines weiß ich sicher: In der Küche liegt es nirgends. Basta.

 

Und wozu soll ich diese 338 Milliarden (ein schönes Wort, gefällt mir), noch zu den anderen 43 Milliarden für Griechenland, was ja angeblich auch mein Geld ist, oder die 7 Milliarden der Landesbank (vergleichsweise Peanuts) zusammenzählen.

Sicherlich kommt dann der Einwand, dass dadurch alles teurer wird. Klar. Benzin, Gas, Brot, Zigaretten und die Unterhosen.

 

Irrtum Schätzelein, dass meine Unterhosen oder das Benzin teurer wird, liegt sicherlich nicht an Axel Weber. Denn: Wenn er die 338 Milliarden nicht verzockt hätte, erfinden wir eben mal schnell einen anderen Grund! Wie oft hat das denn schon geklappt in den vergangenen Zentauren? Na? Denk nach?  Wenn ein Sturm in Venezuela war, ist der Sprit auch nach oben gegangen.

 

Und wenn 1500 Arbeitsplätze bei U-Wear abgebaut werden, werden meine Schlüpfer auch 99 cent mehr kosten. Welchen Einfluß ich darauf habe? Keinen. Lediglich den, dass ICH meine Augen aufmache und Benzin nicht bei dem Multikonzern kauf, sondern an einer freien Tankstelle. Oder: Müssens Unterhosen von "TopBranding" sein? Sie soll warm sein, passen und ansehnlich. Wieso soll ich Werbung für eine Modefirma laufen. Im Bett schlafe ich, da ist kein Laufsteg drumherum, nur ein Bettvorleger. Also: Reg ich nich darüber auch nicht mehr auf.

 

Möglicherweise hängt mein "Egalisten-Syndrom" aber auch mit dem Alter zusammen. Ich bin keine 19 mehr. Ich muss nicht im Sportstudio konkurrenzlos underwear-overdressed sein. Es ist doch das Alter, keine Krankheit und keine Modeerscheinung. Ich bin froh, dass es das Alter ist. Ich hab mittlerweile doch so viele Weltuntergänge gelesen, korrupte Politiker mitbekommen, geile Kirchenfürsten präsentiert bekommen und fremdknutschende A-B- und C- Promis über die Bildröhre huschen sehen, das nun in aller Ruhe das nächste Hochwasser, die Rekordhitze, der Devisenbetrug oder der Teil II von "Deutschland schafft sich ab" erscheinen kann, ohne dass ich überlegen muss, aus dem Fenster zu springen.

 

Im Laufe der Jahre hab ich nun doch einiges verstanden. Der Mensch ist schlecht und die Natur ist zu allem im Stande. Deshalb werd ich jetzt auch dem Klimawandel lachend ins Auge schauen und sagen: Bitte bitte, 3 Grad mehr im März, denn ich will die Heizung endlich ausschalten. Und, auch wenn ich mich mit dem einen oder anderen versündige, ich werde weiterhin meine Kiwis aus Neuseeland essen und wenn ich Bock auf Erdbeeren im Frühjahr habe, werd ich der Versuchung einfach nachgeben, denn wozu sind sie sonst da? Die Versuchungen meine ich, nicht die Erdbeeren.

 

Ein schönes Leben wünsch ich Dir und mir und allen anderen.

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Franz, die Hexe (Freitag, 01 April 2011 23:53)

    Mein lieber Scholli,

    Du scheinst ja endlich was zu lernen, nach dem Motto: "Was Hänschen nicht lernt, kapiert der alte Franz!"

    Und denk dran: Es wird nicht gleich Geld gedruckt, Uncle Sam hat ja auch noch seine Goldreserven im Fort Know, und wennn er die anzapft, rast der Goldpreis nach unten, wie die Boeing im Luftloch!

    Hast Du eigentlich schon mal überlegt, wie unsere Ahnen es geschafft haben, trotz korrupter Staatslenker Ihre Gene an uns weiterzugeben - wir sind ja alle gut auf diese besch .... Welt gekommen und wir werden alles wie unsere Ahndln aushalten und überleben - es sei denn uns fliegt irgendein Isar-AKW um die Ohren!

    Trotzdem ein schönes Wochenende!

  • #2

    Doris Brigitte (Montag, 04 April 2011 13:12)

    Nein, nein, der Mensch ansich is guad, nur die Leit, die san a G'sindl. Und die Natur ist schlichtweg nicht auf uns angewiesen. Ansonsten: d'accord.

  • #3

    Doris Brigitte, Exgattin (Montag, 04 April 2011 20:03)

    @ Franz, die Hex: das mit an der Isar herumfliegenden AKWs kann uns schneller passieren, als uns lieb ist: "Panne beim Herunterfahren von Isar I", hier nachzulesen: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/34/34420/1.html